In der vierten Einzelausstellung von Nicole Bold in unserer Galerie zeigen wir neue Arbeiten, in denen sie die Verletzlichkeit der Natur thematisiert.
Der Ausstellungstitel „ein leises Flattern könnte es gewesen sein“ verweist auf das Phänomen der Nichtlinearen Dynamik. Diese besagt, dass eine beliebige kleine Änderung der Anfangsbedingungen eine nicht vorhersehbare Entwicklung nehmen kann und damit womöglich zu unkalkulierbaren Veränderungen führt. Bekannt ist diese Theorie von Edward N. Lorenz (1917 – 2008; Meteorologe, Mathematiker, Wegbereiter der Chaostheorie) als „Schmetterlingseffekt“. Letztlich besteht damit eine unvorhersehbare Empfindlichkeit bezüglich der Anfangsbedingungen in dynamischen Systemen.
Nicole Bold hat sich mit dieser Unvorhersehbarkeit langfristiger Auswirkungen in den letzten Jahren intensiv beschäftigt. Sie hat diese dynamische Kettenreaktion in die Malerei übertragen. Dabei stand weniger das Endergebnis im Fokus, sondern vielmehr das Reagieren auf die Farb- und Formsetzungen, die wiederum neue Reaktionen bis zu einem verwobenen Ganzen auslösen.
Dieser „Wildwuchs in der Malerei bzw. Im Malprozess“ entspricht den Kettenreaktionen, den Eigengesetzlichkeiten die wir in der Natur finden: „In Zeiten der Klimakrise der verheerenden Entwicklung des Zustands unserer Wälder und dem damit einhergehenden Artensterben möchte ich nach wie vor die uns umgebende Natur zum Ausgangspunkt meiner Malerei machen. Ich möchte keine apokalyptischen Narrative, keine Anklagen, dass der Mensch seine Existenzgrundlage abgräbt und zerstört. Ich möchte einen positiven Impuls setzen, positiv nach vorne schaue.“
„Jedes lebensfähige Samenkorn muss in zwei Richtungen gleichzeitig wachsen: nach unten wachsen Wurzeln, nach oben Triebe. Das Samenkorn muss also bestimmen, was oben und was unten ist. Dafür besitzen Pflanzen in ihren Zellen lose Mikrostrukturen, die Stratolothe. Durch die Schwerkraft sedimentieren sie und aktivieren ein biochemisches Signal, das dem Samenkorn sagt, wo oben und wo unten ist. Das ist mit unserem Gleichgewichtsorgan im Innenohr vergleichbar. Diese räumliche Orientierung haben wir mit der Pflanze gemeinsam.“
(Zitate: Nicole Bold)
Exponatliste zur Ausstellung Pressenotiz
Abb, von oben nach unten, sämtlich: Nicole Bold, Öl auf Leinwand, ©Nicole Bold/VG BildKunst, Bonn 2024
ginge man näher an sie heran, würde sie sich scheu zurückziehen I, 2024, 120 x 100 cm
schüchterne Zartheit, 2023, 120 x 80 cm
jedes einzelne Samenkorn trifft die Entscheidung wo oben und unten ist, 2024, 80 x 120 cm
