kunst pur 10Wann ist ein Kunstwerk „fertig“? Woher wissen KünstlerInnen, dass der letzte Strich gesetzt ist, der letzte Farbtupfer an genau der richtigen Stelle steht? Dass jedes weitere Hinzufügen oder jedes frühere beenden ein Fehler wäre, der dem Werk an Kraft und Ausstrahlung nimmt?


Die Fragen lassen sich nicht einfach beantworten. Wichtig ist nur, dass die KünstlerInnen WISSEN, wann es soweit ist. Vielleicht sind spätere Ergänzungen ja noch im Einzelfall möglich, ein Wiederanfügung von bereits abgeschlagenen Teilchen z.B. bei einer Skulptur oder einen Übermalen eines Aquarells auf sensiblem Papier ist aussichtslos.

 

Kunst pur 5Als Kurator hat man es da vielleicht ein klein wenig einfacher. Man stellt „einfach“ perfekte Kunstwerke in einen Raum, schaut, ob und wie Raum und Kunstwerke miteinander „funktionieren“ und wenn’s nicht klappt, beginnt man von vorn.


Schlussendlich lohnt jeder persönliche Ausstellungsbesuch doppelt. Zum Einen lässt sich erleben, was in dem Kunstwerk wirklich steckt. Was strahlt es aus, wie ist es ausgeführt, welche Gedanken stößt es an, welche Gefühle weckt es auf, …und zum anderen nimmt man auf, wie das Kunstwerk im Raum selbst und mit anderen Werken in der Gegenüberstellung wirkt. Welches Licht es braucht, wie viel Platz es einnimmt, welche Grenzen es in seiner Umgebung setzt oder auch selbst beansprucht.

Kunst pur 5

 

In der Ausstellung „Kunst Pur“ haben wir gleich zwei Arten der Hängung gewählt. Da gibt es an einer Wand eine Petersberger Hängung von zehn Arbeiten, und an den anderen Wänden eine sehr puristische Hängung mit nur einem oder zwei Kunstwerken. Beides „funktioniert“ sowohl für sich selbst, als auch im Zusammenspiel.


kunst pur 6Die Arbeiten selbst waren es jedoch, die uns zu dieser Hängung drängten. Wie die Blumen im Frühling wirken sie leicht und durchdringen mit ihren Farben ihr Umfeld. Ihre Gedankenanstöße kommen eher subtil daher, brauchen keine gebieterische Strenge. Vielmehr ist es die Neugier, das spielerische Interesse an neuen Entdeckungen, die dazu verleiteten, ihre Botschaften aufzunehmen und ihrer Kraft nachzuspüren.


Der Katalog der ausgestellten Arbeiten kann einen Ausstellungsbesuch nicht ersetzen. Er möchte eher zum Ausstellungsbesuch animieren. Sie sind herzlich willkommen.

 

Abbildungen: Blicke in die Ausstellung, © Gudrun Pamme-Vogelsang, 2024