Stroebel 91Zentrales Thema des Arbeitzyklus ist der Paradigmenwechsel zwischen privatem und öffentlichem Raum. Im Makroorganismus städtischer Lebensräume gibt Nele Ströbel den Bedingungen und Formen des >Urban Gardening< eine künstlerische Gestalt. Sie transformiert und abstrahiert ihre auf Stadtspaziergängen gesammelten Eindrücke in Zeichnungen, Holzarbeiten und Terrakotten und erstellt so ein „begehbares Tagebuch“. Die Resonanz auf die Präsentation der „ersten Seiten“ dieses Tagebuchs im Stadtmuseum Deggendorf im Sommer 2014 hat die Künstlerin bestärkt, das Sujet weiter zu durchdringen und in neuen Kunstwerken festzuhalten.

 

Stroebel 1In Objekten wie „Musikalische Zäune“, „Rasenstücke“, „wallflowers“, „introplastiken“ und in Zeichnungen auf Operafolien verdichtet sich die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Urban Gardening. Maximal abstrahiert lassen die Werke die Spannung des „Guerilla Gärtnern“ zwischen Natur und Kultur, Stadt und Paradies unmittelbar und in aller ihrer Urgewalt erleben. Mit ihrer künstlerisch multimedialen Inszenierung schafft Ströbel einen realen, utopischen Ort. Zwischen analogen und digitalen, zwei- und dreidimensionalen Erlebnisräumen entdeckt der Betrachter bislang unerkannte Lebenswelten, die lohnen, weiter entwickelt zu werden.

 

Stroebel 10„Urban Gardening“ ist eine konsequente Fortführung des „Hortus-Conclusus“ Projekt von 2006. Im „Hortus Conclusus“ dekodierte Ströbel die Bedeutung des geschlossenen Klostergartens am Beispiel von Frauenklöstern in Bayern. Im „Urban Gardening“ ist der Klostergarten in eine kleine, öffentliche Oase der Stadtbewohner transformiert. Herausgerissen aus der Abgeschiedenheit und meditativen Stille des Klosters setzt Urban Gardening einen meist leisen, dafür umso gewaltigeren Kontrapunkt in die atemlose, quirlig schrille Stadt. Der so entstandene Gegenraum ist die Kulisse für bislang ungedachte Handlungen und Indienstnahmen. „Gärten sind zeichenhafte, vielfältig konnotierte Räume. Sie inspirieren meine Arbeit zum Hortus Conclusus in der Stadt.“, so Nele Ströbel.

 

Stroebel 72Als die Künstlerin im Sommer 2006 ihre Klosterreise unternahm und die Nonnen zu ihren Klostergärten befragte, antwortete eine Schwester  mit einem Zitat von Dieter Künast: „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er erfordert das, was unserer Gesellschaft am kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“ Genau diese Lebensqualitäten werden im Guerillagardening für die Großstadt zurückerobert.

 

Nele Ströbel hat den Gärtnerinnen und Gärtnern „die auf oft sehr berührende Weise den urbanen Raum gestalten und mit Leben füllen“ (Ströbel) ein Denkmal gesetzt und zugleich dieser utopischen Idee eine konkrete künstlerische Form gegeben.

 

Künstlergespräch am 1. Oktober 2015, 19 Uhr „Die Stadt als Werkstatt“, Nele Ströbel im Gespräch mit Sabine Voggenreiter, Köln

 

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