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 gipper 96„Bunkerzeiten“ betitelte Manfred Gipper seine Arbeiten, die wir im Frühjahr 2017 in der Ausstellung „Mein schönstes Grau“ erstmals in der Galerie präsentierten. Damals hätte kaum jemand daran gedacht, dass drei Jahre später, Anfang 2020 unsere Welt von einem Virus dermaßen bedroht wird, dass die Menschen sich auf Abstand zueinander begeben und gezwungen sind, in ihren Häusern zu bleiben.

 

Mit großer Anspannung erwarten wir nunmehr von „der Politik“ die Nachricht, wie die Exit-Strategie zur schrittweisen Beendigung des „Lock down“ gestaltet werden soll. „Wir leben in Zeiten drastischer Veränderungen und Gefährdungen. Lange als sicher geltende Überzeugungen und Strukturen sind bedroht“, konstatierte Manfred Gipper vor drei Jahren über seine „Bunkerzeiten“ Arbeiten.

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Gippers Beobachtungen waren jedoch viel subtiler als sie im heutigen Licht erscheinen. Er bezog sich auf Entwicklungen des Mainstream, ob in der Mode oder der aktuell gängigen Architektur, die sich nicht mehr an der „transparenten Glaskiste, sondern am Bunker orientiert“. Statt bunter, farbenfroher Mischung dominierte jetzt die Farbe Grau, sowohl Außen als auch Innen, sowohl im „alltäglichen“ Miteinander als auch im Disput untereinander. Diese Beobachtung ließ Gipper fragen: „Was passiert mit unserer Freiheit? Ist ernsthafte Kommunikation überhaupt noch möglich?“

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Solche Fragen beschäftigen Manfred Gipper seit 2016 bis in die jüngste Zeit. In seinen Arbeiten erforscht er immer neue Facetten, in denen sich das Kernthema kristallisiert und zum Bewusstsein drängt, anfangs eher als nach außen gerichtet, jetzt eher als innere Reaktion auf „das Außen“.

 

Auf die Plastik „Control“ von 2017 folgt 2020 die Arbeit „Pontormo_02_CC“. Beide Arbeiten spiegeln die gesellschaftliche Situation: die Arbeit von 2017 zeigt die aktive Grenzziehung gegenüber dem Äußeren, bei „Pontormo_02_CC“ dann ist die Grenzziehung passiv geworden und in einen Rückzug gemündet. Letztere Arbeit bezieht sich auch auf die Anekdote über den Manieristen Jacopo da Pantormo (1494 – 1557), von dem überliefert ist, dass er in übler Laune die Leiter zu seinem Atelier-Speicher hochgezogen habe. Heute veranlasst uns das Virus Covid 19, die Leitern unserer Behausungen hochzuziehen (und danach in üble Laune zu verfallen?).

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Bei seinen „Bunkerzeiten“, die erstmals unter dem Ausstellungstitel „Mein schönstes Grau“ gezeigt wurden, geht es Manfred Gipper nicht um Schwarzmalerei: Sein Grau ist – trotz Düsternis – von einer ungewohnten Leichtigkeit, die Bilder seiner >Bunker< wirken geradezu luftig und befreit. Farbverläufe stehen neben angedeuteten und festen Formen. Damit geben die Bilder den Schaffensprozess des Künstlers wieder. Aus einer ersten expressiv aufgetragen Farbexplosion in deren Anlage Gipper seine Formen und Motive entdeckt, entwickelt sich durch weitere Betonungen und Übermalungen sukzessive ein „buntes“ Grau, in dem und vor dem nur noch wenige Farbflächen ihren Raum finden.

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Gippers Intention ist es sicher nicht, gesellschaftliche Ereignisse zu bebildern. Vielmehr sucht er seinen Gedanken und Empfindungen Ausdruck zu verleihen und zugleich, fragend, Lösungen für konkrete malerische Problemkonstellationen zu finden.

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Die bisher drei Galerieausstellungen von Manfred Gipper sind ein Dokument seiner malerischen Entwicklung, sogar in ihren Titeln: „Reminiszenen“, 2009, „Spuren und Verwerfungen“,2013, und „Mein schönstes Grau“, 2017. Im Laufe dieser Entwicklung wird seine Malerei immer freier und unbekümmerter im Zusammenspiel konkreter Formen mit Farbexplosionen und Farbverläufen. Erinnerten die frühen Arbeiten noch häufig an die barocke Stillebenmalerei so gehen die Arbeiten in der zweiten Einzelausstellung „Spuren & Verwerfungen“ bereits über diesen Bedeutungskontext hinaus.

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Schon die Titel der Arbeiten weisen auf diese erweiterte Ebene. Während Gipper anfangs die Produktnamen der dargestellten Gegenstände zum Titel erhob (z,B, Schlüssel, Reifen, Ketten, Wagen X), waren die Bildtitel in der zweiten Ausstellung bereits häufig als Metaphern angelegt und eine Reflektion des künstlerischen Schaffensprozesses.

 

gipper 107Ein Schlüsselwerk dieser Ausstellung in 2013 war die „Piranesi-Maschine“ in der sich Gipper mit den „Kerkerphantasien“ von Giovanni Batista Piranesi (1720 – 1778) auseinandersetzte.

 

Die in der dritten Ausstellung „Mein schönstes Grau“ vorgestellten Arbeiten mit den Titeln „Bunkerzeiten“ zeigen gemalte Architekturen mit der Anmutung konkreter Zufluchtsorte inmitten eines unfassbaren Geschehens in der vermeintlichen Außenwelt. 

 

gipper 69 Die Bauten sind tatsächlich der Phantasie des Künstlers entsprungen – bis auf wenige Ausnahmen: die Arbeit Bunkerzeiten_KO5 lehnt sich an einen überbauten Bunker in Bochum an und das Gemälde Müngsten_01 birgt in seinem Liniengewirr die Müngstener Brücke. Dahingegen nimmt das Gemälde mit dem instabilen, mit der Aufschrift „Place de la liberté“ versehenen Zelt nicht Bezug auf den gleichnamigen Platz in Toulon, sondern zeigt eine bildgewordene Mischung von Erlebnis und Phantasie.

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Künstler sind nicht nur Meister einer fiktiven Welt sondern immer auch Zeitzeugen. In ihren besten Arbeiten schwingen die großen Lebensfragen mit, die die Menschheit zu allen Zeiten bewegen und bewegten. Erst dann strahlt diese Kunst eine über die Gegenwart hinausreichende Allgemeingültigkeit aus, die uns in den Bann nimmt und uns, (auch) mit den Augen des Künstlers, nach Antworten auf diese großen Lebensfragen suchen lässt.

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In „Ateliergesprächen“ gibt Manfred Gipper selbst Einblicke in seine Überlegungen und seine Arbeit.

 

Gudrun Pamme-Vogelsang
16. April 2020

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Abbildungen sämtlich: Manfred Gipper, © Manfred Gipper / VG Bildkunst, Bonn, 2020; von oben nach unten

Control, 2017, Beton, Kunststoff, 27 x 15 x 53 cm

Pontormo_02_CC, 2020, Zement, Kunststoff, z.T. bemalt, 13,5 x 15 x 9 cm

Violetter Klang, 2019/2020, Acryl, Öl auf Leinwand, 35 x 60 cm

Risse 02, 2020, Acryl, Öl auf Leinwand, 35 x 60 cm

Violett, 2018/2019, Acryl, Öl auf Leinwand, 120 x 150 cm

Ketten, 2009, Collage, 24,5 x 32,5 cm

Wagen X, 2010, Acryl, Öl auf Leinwand, 80 x 100 cm

Transformator, 2013, Acryl, Collage auf Papier, 100 x 70 cm

Spuren, 2013, Acryl, Collage auf Papier, 100 x 70 cm

Piranesi-Maschine, 2013, Acryl, Öl auf Leinwand, 180 x 150 cm

Bunkerzeiten_K05, 2017, Acryl, Öl auf Leinwand, 35 x 60 cm

Müngsten_01, 2017, Acryl, Öl auf Leinwand, 150 x 120 cm

Place de la liberté, 2016, Acryl, Öl auf Leinwand, 150 x 120 cm

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