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 Basel Studio optimiertDas Covid-19 Virus bestimmt weiterhin entscheidend unseren Alltag und das weltweite gesellschaftliche Leben. Mittlerweile werden die jeweils (nicht) ergriffenen Maßnahmen von streitbaren Diskussionen aus den unterschiedlichsten Lagern begleitet. Da mag es doch beruhigend sein, dass die Künstler stoisch an ihrem Werk weiterarbeiten. Ihr Antrieb, den großen Fragen an die Welt und das Leben – die nun in ungeahnter Wucht aufleuchten – Ausdruck zu verleihen, erweist sich als grundsätzlich unabhängig vom „Tosen der Welt“.

 

Der Gedanke, dass in der Einsamkeit des Ateliers, abseits der gesellschaftlichen Profilierungskämpfe, wahrhaftige Kunstwerke entstehen, mag als unverbesserlich romantisch gescholten werden. Dennoch bin ich eine überzeugte Anhängerin von derartigen Arbeitsbedingungen. Umso schwerer wiegt bei dem überwiegenden Teil der KünstlerInnen* der jähe Verlust ihres Grundeinkommens, ganz gleich aus welcher Quelle es kam. Kunstverkäufe wären da die feinste Variante – weit häufiger aber sind es Minijobs, Gelegenheitsarbeiten, Lehraufträge o.ä..

 

vosters 13In Krisenzeiten können sich Menschen bewähren oder auch scheitern. Viele Lebensentwürfe müssen korrigiert werden. Dem kann sich niemand entziehen – auch die KünstlerInnen nicht. Es sind Zeiten in denen geprüft, abgewogen und neu justiert wird – Zeiten in denen aber auch Wunderbares geschehen kann! Die weltweite Entschleunigung bietet hierfür unerwartete neue Voraussetzungen und Gelegenheiten.

 

Wo Zeit zum Nachdenken bleibt entwickeln sich nicht nur neue Gedanken sondern auch Sensibilität und Wahrnehmung gewinnen an Gewicht. Das eröffnet auch dem vermeintlichen >Kunstbanausen< einen neuen Blick auf die Kunst. Jetzt ist die Gelegenheit günstig für einen substantiellen Dialog zwischen der ernsthaft arbeitenden Künstlerin und dem ehrlichen Blick der Kunstbetrachterin.

 

woisnitza 169Letztere nimmt sich Zeit um die im Kunstwerk aufgeworfenen Fragen zu erkennen, zu benennen und dem künstlerischen Diskurs zu folgen. Ein glücklicher Moment, wenn sich dabei ein Gänsehauterlebnis einstellt – eine innere Berührtheit, die einen nicht mehr loslässt. Das Bild im Kopf ploppt immer wieder auf und die damit verbundenen Fragen lassen den Betrachter nicht mehr los. Für solch nachhaltige Begegnungen bedarf es allerdings ein hohes Maß an Qualitäten beim Kunstschaffenden und u.a. eine ausgeprägte >Musikalität< beim Kunstrezipienten.

 

Gut, dass die Künstler (aus ihrem inneren Getrieben sein) weiter malen, bildhauern, installieren, zeichnen … müssen, und so ihre Qualitäten weiter ausbauen können!

 

zolper 181In diesem Kontext möchte ich an die Werkgruppe „Kain“ von Heinz Zolper und die gleichnamige Ausstellung erinnern.

 

In seiner Werkserie „Kain“ setzt sich der Kölner Künstler mit einem der ältesten Themen der Menschheit auseinander, dem Täter, dem Opfer und dem Brudermord. Dabei liegt, wie schon der Name der Werkserie suggeriert, der Fokus seiner Betrachtungen auf dem Überlebenden, dem als Strafe „das Leben selbst“ auferlegt wurde.

 

Nachdem Heinz Zolper die historischen Bildvorlagen mit all ihrem vordergründigen didaktischen Sendungsbewusstsein von Politik, Gesellschaft und Kirche gründlich entwertet hat, weiß er die Geschichten weiter zu malen. Gemalte Bildgeschichten dienen stets als Modelle von Wirklichkeit für das kulturelle Gedächtnis aber auch für das Unsagbare, Verdrängte und Vergessene. Der skandalöse Brudermord, der bis heute Realität ist, wird verschwiegen bzw. verschwindet in einer globalen Ethik des Desinteresses. „Es ist das bewusste Schweigen davon, dass der Erlkönig unter uns ist“, so Peter Sloterdijk. (In: René Girard, Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie ein Blitz, München, Wien 1999, S. 245).

 

zolper 196Die Malerei von Heinz Zolper gemahnt daran, das Feld des Desinteresses endlich zu verlassen und nicht länger vor der Gewalt, die die Menschheit von Anbeginn begleitet, die Augen zu verschließen. Nicht ein Motiv entscheidet zum Brudermord sondern ein Anlass. Die Gewalt steht am Anfang, sie ist ursprünglich. Kain muss leben, der Künstler muss malen.

 

Gudrun Pamme-Vogelsang
29. April 2020

* Im weiteren Text werde ich zur besseren Lesbarkeit nicht stringent einer gendergerechten Sprachweise folgen.

Abb. (vonu): Blick aus dem Stipendiaten Studio der Stiftung Bartels zum Kleinen Markgräfler Hof in Basel (hier: Studio der Stipendiatin Nicole Bold), 2020, © Nicole Bold/VG Bild Kunst, Bonn, 2020; Vadim Vosters, Siccius, 2014, Öl, Lack auf Leinwand, 110 x 165 cm, © Vadim Vosters / Gudrun Pamme-Vogelsang, 2019; Karla Woisnitza, Von der Wurzel bis zur Blüte, Blatt 1, 2000, Tusche auf vietnamesischem Papier, 40 x 50 cm, © Karla Woisnitza/VG Bild Kunst, Bonn, 2019; Heinz Zolper, Kain VII, 2017, Acryl, mixed Media auf Leinwand, 60 x 50 cm, © Heinz Zolper/VG Bild Kunst, Bonn, 2020; Heinz Zolper, Die Essenz des Krieges II, 2019, Gummi auf Keilrahmen, mixed Media, 120 x 100 cm, © Heinz Zolper/VG Bild Kunst, Bonn, 2019  

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